Corporate Governance Kodex

Zurück unter den Teppich? – Der Deutsche Corporate Governance Kodex und die EU

Eine Studie des KompetenzCentrums für Unternehmensführung & Corporate Governance unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Ruhwedel hat die Auseinandersetzung der DAX und MDAX Unternehmen mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex untersucht. Dieser Kodex enthält, neben verbindlichen gesetzlichen Verpflichtungen, welche sich aus dem Aktiengesetz ergeben, eine Reihe von Vorgaben, die eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung definieren, fördern und sicherstellen sollen. Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, welche die Definition und Weiterentwicklung der Regelungen und Empfehlungen des Kodex verantwortet, möchte so die Transparenz hinsichtlich der Führung und Steuerung deutscher börsenotierter Unternehmen für Investoren, Mitarbeiter, Geschäftspartner und die Öffentlichkeit erhöhen.

 

Der Deutsche Corporate Governance Kodex

Dabei soll der Kodex nicht als restriktive gesetzliche Vorgabe verstanden werden: Unter der Maxime „comply or explain“ haben die Unternehmen die Möglichkeit, in ihrer kodexspezifischen Berichterstattung – der sogenannten Entsprechenserklärung – dazulegen, aus welchen Gründen sie sich gegen eine Einhaltung der entsprechenden Vorgaben entschieden haben. Wenig überraschend stützen prägnant formulierte Testimonials auf der Homepage der Regierungskommission die Erfüllung der Zielsetzung des Kodex, Transparenz und Rechtmäßigkeit zu fördern, ohne die Unternehmen durch restriktive Vorgaben in ihren Handlungsmöglichkeiten einzuengen. Schon deutlich überraschender gestalten sich die Ergebnisse der Studie von Peter Ruhwedel: In den Entsprechenserklärungen fast aller analysierten Unternehmen werden Abweichungen von Kodex offen genannt und diese empfehlungsgemäß begründet und erläutert. Trotz nicht gegebenem gesetzlichen Zwang zeigt sich also ein ausgeprägter Umsetzungswille der Unternehmen hinsichtlich einem Mehr an Transparenz.

 

Regulation als Stolperstein?

Eitel Sonnenschein in der deutschen Corporate Governance? Wer auf Basis der Studien-Ergebnisse zu dieser Erkenntnis kommt, hat die Rechnung leider ohne die EU-Kommission gemacht. Nach streitbaren Auseinandersetzungen mit der Krümmung von Gurken, der Leistung von Staubsaugern und dem Durchfluss von Duschköpfen sind nun die Corporate Governance Vorschriften das nächste mögliche Corpus Delicti der Brüsseler Regulationsbewegung. Um dabei noch mal auf wenig Überraschendes zurückzukommen. Aus Sicht des KompetenzCentrums für Unternehmensführung & Corporate Governance gestalten sich die  EU-kommissionspezifischen Vorstellungen für die Corporate Governance Berichtsvorschriften, welche bereits in Form von ausformulierten Vorschlägen vorliegen, eher kontraproduktiv für deren Wirksamkeit:

Insbesondere die Aufforderung, neben den Gründen für die Abweichung zum Kodex auch den Entscheidungsprozess für diese Vorgehensweise dazulegen und zu erläutern, ist aus Expertensicht mit einem hohen zusätzlichen Aufwand verbunden – welchem kein adäquater Nutzen für die Berichtsempfänger gegenübersteht. Die Befürchtung: Wenn der Offenheit der Unternehmen mit detaillierten Rechtfertigungsformalien begegnet wird, werden diese in Zukunft eher dazu tendieren, Abweichungen von den Corporate Governance Vorgaben überhaupt nicht erst öffentlich einzugestehen. Herausforderungen einer guten Unternehmensführung landen somit – statt im Reporting – wieder unter dem Teppich. Dort werden sie sich bei dem ein oder anderen Unternehmen sicherlich schnell wieder heimisch fühlen – der Idee einer verantwortungsvollen und transparenten Unternehmensführung tut diese Entwicklung aber mit Sicherheit keinen Gefallen.

Wie ist ihre Einstellung zu diesem Thema? Sehen Sie auch einen Bärendienst der EU-Kommission für die ein zeitgemäßes, aktives Berichtswesen, welches nicht nur ökonomische Zahlenwerte voraussetzt oder sind solch umfangreiche Berichtspflichten aus bestimmten Gründen zwingend notwendig?

Sebastian Reek
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